Mitgliederbericht
 

Ort: Norwegen

Zeit: 15.05.97 - 14.06.97

Autor:


Eva Liesering    Mail


Norwegenreise zum 70. Geburtstag
 

Ein Reisetagebuch Teil 1

Donnerstag, 15.05.97

Endlich ist es soweit!

Nach jahrelangem Warten und wochenlangen Vorbereitungen ist der Tag unserer Abfahrt gekommen. Das Auto haben wir gestern schon vollgepackt, so daß es - nach einem frühen Frühstück - um 5.07 Uhr losgehen kann. Wir fahren über Limburg, Weilburg, Wetzlar, Gießen bis zum Reiskirchener Dreieck und dort auf die A 5/A7 Richtung Norden.

Die Fahrt geht flott voran, es ist wenig Verkehr, und um 7.05 Uhr machen wir an der Raststätte Kassel die erste Pause - nur 10 Minuten. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint. Um 8.40 Uhr geht's an Hannover vorbei. Um 9.10 Uhr machen wir an der Raststätte Allertal eine halbe Stunde Pause, trinken einen Kaffee und kaufen ein paar Zeitschriften. Dann fahren wir weiter.

Es ist immer noch sehr wenig los auf der Autobahn, so daß wir schon um 10.50 Uhr den Elbtunnel durchfahren. Hier in Hamburg ist der Himmel bedeckt, die Sonne hat sich verkrochen. Ab Hamburg fangen wir an, auf jedem Rastplatz oder Parkplatz eine Runde zu drehen, um nach dem Wohnmobil Ausschau zu halten. Unsere Mitfahrer, Bernhard und Maria sowie Bernhards Eltern, Hermann und Hedi, sind nämlich schon gestern gestartet und wollten hinter Hamburg übernachten. Deshalb erwarten wir, das Wohnmobil unterwegs zu überholen, da wir mit dem Golf ja viel schneller sind.

Um 11.55 Uhr machen wir einen Tankstopp an der Raststätte Hüttener Berge, ehe wir um 12.30 Uhr die dänische Grenze erreichen. In Dänemark scheint wieder die Sonne, es ist recht warm. Nach einer kurzen Pause von 20 Minuten bei Kolding (13.15 Uhr) und von 10 Minuten bei Randers (14.50 Uhr) fahren wir um 15.45 Uhr an Ålborg vorbei. Um 16.30 Uhr erreichen wir unser heutiges Ziel, Frederikshavn.

Da wir das Wohnmobil nicht gesehen haben, fahren wir gleich einmal an den Fähranleger, wo unser Treffpunkt sein soll. Aber auch hier: Fehlanzeige! Also suchen wir zunächst einmal unseren Campingplatz (Camping Nordstrand) auf, wo wir beide für eine Nacht eine Hütte gemietet haben. Es ist eine kleine Hütte, in einem Raum sind 2 Etagenbetten, ein kleiner Tisch mit 4 Stühlen, ein Kühlschrank und eine Kochplatte. Wir räumen unser Auto fast leer und stellen alles in die Hütte. Dann fahren wir wieder in die Stadt - zum Fähranleger. Aber das Wohnmobil ist immer noch nicht da. Also machen wir einen Spaziergang durch die Stadt.

Nach einem kurzen Halt am Fähranleger (immer noch nichts!) fahren wir wieder zum Campingplatz und essen zu Abend. Dann geht's mal wieder zum Fähranleger: kein Wohnmobil! Jetzt machen wir uns ernsthaft Gedanken, es könnte schon am ersten Tag etwas passiert sein.

Wir wollen in einer Stunde noch einmal herfahren, sollte dann noch immer kein Wohnmobil da sein, wollen wir bei Broscharts zu Hause anrufen und fragen, ob sie sich gemeldet haben. In der Zwischenzeit machen wir einen kleinen Spaziergang am Strand von Frederikshavn, der direkt hinter dem Campingplatz anfängt. Dabei erleben wir einen tollen Sonnenuntergang und machen schon die ersten Fotos.

Kurz nach 22.00 Uhr fahren wir mit dem Auto wieder los, Richtung Stadt und Fähranleger ... und wer kommt uns an der Einfahrt zum Campingplatz schon entgegen ??

Nach der lautstarken Begrüßung gehen wir zu sechst zu unserer Hütte und erfahren dabei, daß sie längst nicht bis Hamburg gekommen waren, sondern schon sehr viel früher einen Übernachtungsplatz aufgesucht haben! Das heißt, wir sind heute morgen - ohne es zu ahnen - schon sehr früh an ihnen vorbeigefahren und waren die ganze Zeit längst vor ihnen. Das hätte man halt wissen müssen! Nach einem kurzen Gespräch fahren Broscharts zum Übernachten an den Fähranleger, und Norbert und ich gehen auch schlafen.

 

Freitag, 16.05.97

Heute ist frühes Aufstehen nötig, denn um 10.30 Uhr soll die Fähre starten. Nach einem kurzen Frühstück packen wir unsere Siebensachen in den Golf und fahren - zum wievielten Mal? - zum Fähranleger. Und schon wieder ist das Wohnmobil nicht da!

Ich wandere suchend über den gesamten Platz, endlich sehe ich Bernhard in der Ferne winken! Sie sind schon durch die Sperre gefahren und warten weiter hinten. Weil Bernhard die Fahrkarten hat, steigt Norbert in das Wohnmobil, und Bernhard fährt mit mir und dem Golf durch die Sperre. Wir werden gleich auf die Fähre gewunken. Bernhard sprintet zurück zum WOMO, nachdem wir uns an der Information auf dem Schiff verabredet haben, und ich klettere - mit Gepäck beladen - die steilen Treppen bis zum Deck mit der Information empor.

Nach einer ganzen Weile kommen dann alle mit dem Aufzug auf dem Deck an. Weil das Schiff gleich ablegen wird, gehen wir noch weiter hinauf zum Sonnendeck und bleiben dort, bis wir den Hafen schon lange verlassen haben. Bernhard hat schon den ersten norwegischen Gesprächspartner gefunden.

Das Wetter ist heute herrlich, die Sonne scheint. Aber mit der Zeit wird es auf Deck doch recht frisch, und so begeben wir uns wieder in das Innere der Fähre und trinken in der Cafeteria etwas Warmes.

Die Überfahrt verläuft ruhig, für diesmal bleibe ich von der Seekrankheit verschont. Abwechselnd auf Deck und in der Cafeteria vergeht die Zeit schnell, und als wir durch den Oslofjord fahren, bleiben wir auf dem Sonnendeck. Rechts und links sind die Küste und viele kleine Inseln zu sehen, auf denen eine Menge bunter Häuser stehen. Wir suchen uns alle eine schöne Hütte aus, in die wir sofort einziehen könnten.

Mit der Zeit kommt Oslo immer näher, wir erkennen links oben die Holmenkollenschanze und vor uns das Rathaus und die Festung Akershus. Kurz vor dem Anlegen gehen wir zum Autodeck hinunter, und kurz nach 19.00 Uhr ist es soweit: Wir rollen auf norwegischen Boden! Zunächst fahren Norbert und ich voran, aber bald schon lassen wir das WOMO vor, Bernhard findet den Weg zu Bogstad-Camping besser.

Dort angekommen beziehen wir bald die Hütte, die wir schon seit langem gebucht haben. Sie hat einen großen Wohnraum und ein kleines Schlafzimmer extra. Außerdem eine schöne Sitzgruppe mit Eßtisch, eine Kochplatte und einen Kühlschrank. Während wir noch beim Ausräumen sind - es muß sich alles erst einspielen - plötzlich ein Schreck: das WOMO verliert Öl. Bernhard und Hermann können auf den ersten Blick nicht sehen, wo das Leck ist. Ein weißes Blatt wird untergelegt, um zu prüfen, wieviel Öl verloren wird. Dann bereiten wir das Abendessen, mittlerweile ist es doch recht spät geworden.

Weil sich nach dem Essen herausstellt, daß der Ölverlust recht hoch ist, vereinbaren wir, einen Tag länger in Oslo zu bleiben, um am Dienstag nach Pfingsten eine Werkstatt zu suchen. An der Rezeption klären wir, daß wir die Hütte einen Tag länger haben können, es geht in Ordnung. Zu später Stunde machen wir noch mit Bernhard und Maria einen kleinen Spaziergang über den Platz und gehen dann zu Bett.


Samstag, 17.05.97 - Nationalfeiertag

Heute müssen wir schon wieder früh raus, denn heute ist der Tag, wegen dem wir schon im Mai nach Norwegen gekommen sind: NATIONALFEIERTAG!

Um kurz vor 10.00 Uhr geht der Bus zum Stadtzentrum, also heißt es, sich beeilen. Schon im Bus sehen wir eine Menge norwegischer Trachten. Die Straßen sind festlich geschmückt, überall hängen Fahnen, es ist ein buntes Bild. Der Wettergott ist uns hold: der Himmel ist blau, die Sonne scheint, und es ist erstaunlich warm.

In der Innenstadt steigen wir aus und laufen Richtung Carl-Johan-Gate, Oslos Hauptstraße. Aber bis dorthin kommen wir gar nicht, die Menschenmenge ist zu groß. Als wir am Straßenrand eine kleine Lücke entdecken, quetschen wir uns hinein. Jetzt haben Hedi, Hermann und ich Platz gefunden. Norbert, Bernhard und Maria klettern ein Stück weiter auf eine Mauer, um besser zu sehen. Dann fängt auch schon der Umzug an.


Alle Schulen nehmen mit den Kindern, mit Fahnen und Musikkapellen, daran teil. Auffallend ist, daß auch viele behinderte Kinder im Zug mitgehen.

Viele Teilnehmer schwenken norwegische Fähnchen, am Anfang jeder Schulgruppe wird die Fahne der Schule getragen, auch eine Menge riesiger Norwegenfahnen sind zu sehen. Nachdem der Zug an uns vorüber ist, laufen wir Richtung Schloß.

Dort auf dem Balkon steht die Königsfamilie und winkt den vorbeiziehenden Kindern zu. Leider kommen wir nicht allzu nahe an das Schloß heran, und die Ferngläser sind auf dem Campingplatz geblieben. So sehen wir König und Königin nur als kleine Figuren, aber wir haben sie gesehen!

Da die Mittagszeit schon lange gekommen ist, picknicken wir im Schloßpark auf einer Bank sitzend. Als eine Gruppe Norweger - wieder mit den kleinen Norwegerfähnchen - vorbeikommt, bitte ich sie, uns diese kurz zu leihen. Dann machen wir einige Fotos von unserer Gruppe mit den Fahnen in den Händen.

Nachdem der Umzug beendet ist, bummeln wir über die fahnengeschmückte Carl-Johan-Gate Richtung Bahnhof. Dort kaufen wir uns die Oslokarte, die uns freie Fahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und freien oder ermäßigten Eintritt in etliche Museen sichert. Anschließend laufen wir zur St. Olavs-Kirche. Dort wollen wir morgen in den Gottesdienst gehen und deshalb nachsehen, wann einer anfängt. Danach fahren wir mit dem Bus wieder zum Campingplatz, wir sind doch geschafft von dem langen Tag und den vielen Eindrücken. Aber Bernhard hatte recht: es war ein Erlebnis, das wir nicht missen möchten!

In unserer Hütte angekommen, werden wir gleich zur Arbeit angehalten: es soll ein Festessen geben, mit Spargel aus Werschau. Der muß aber erst geschält werden. Das konnte ich bisher noch nicht, bekomme es aber erklärt und tue mein bestes. Nach dem Festessen ziehen sich Hedi und Hermann ins WOMO zurück. Wir anderen haben noch zu tun: Hermann hat morgen Geburtstag, und wir schmücken den Frühstückstisch mit Kerzen und Geburtstagsservietten und legen die Geschenke auf den Gabentisch. Dann fallen auch wir in die Betten.

 

Pfingstsonntag, 18.05.97 - 70. Geburtstag von Hermann

Am Sonntag sind wir vier in der Hütte schon früh munter. Es gilt, die letzten Vorbereitungen zu treffen für Hermanns Geburtstag. Als er mit Hedi kommt, stehen wir bereit zum Gratulieren. Bernhard hat ein tolles Gedicht gemacht, Maria liest es vor. Dann bringen wir ihm ein Ständchen... Der Geburtstagstisch sieht sehr schön aus, und Hermann freut sich sehr über die gelungene Überraschung. Nachdem die Kerzen ausgepustet sind, lassen wir uns zu einem festlichen Frühstück nieder: mit Schokoladen- und Heidelbeerkuchen!
Dann fahren wir wieder mit dem Bus in die Stadt, wir wollen um 11.00 Uhr den Gottesdienst besuchen. Wieder ist es ein herrlicher Tag, die Sonne scheint, und es ist für Mai sehr warm.

In der Olavskirche angekommen, habe ich Gelegenheit, meine norwegischen Kenntnisse zu testen: eine alte Frau kommt und fragt, ob der Platz neben mir frei ist (er plassen opptatt?), und ich verstehe es! Dann beginnt der Gottesdienst - in Latein! Das ist sehr schade für Norbert und mich, da wir uns gefreut haben auf die norwegischen Lieder. Aber Hermann und Hedi finden es toll, und da Hermann heute Geburtstag hat, gönnen wir es ihm.

Nachdem die Messe aus ist, laufen wir Richtung Carl-Johan-Gate. Dort suchen wir ein Restaurant zum Mittagessen, denn Hermann will uns alle einladen. Nach einiger Suche finden wir ein gemütliches Lokal und lassen uns nieder. Das Essen schmeckt sehr gut, der krönende Abschluß ist eine tolle Erdbeertorte mit Sahne - ein Gedicht!

Frisch gestärkt bummeln wir weiter - Richtung Hafen. Dabei kommen wir am Osloer Rathaus vorbei. Zwischen Rathaus und Hafenbecken liegt ein großer Platz mit Blumenbeeten und einem großen Brunnen. In diesem Brunnen plantschen etliche Kinder. Obwohl es wirklich angenehm warm ist, bekommt man bei diesem Anblick eine Gänsehaut.

Wir erkundigen uns, wann die nächste Hafenrundfahrt beginnt, die mit der Oslokarte kostenlos ist. Da wir bis zur Abfahrt noch ca. 1 Stunde Zeit haben, laufen wir zur Festung Akershus und schauen uns dort die Kanonen an, die von früheren Kämpfen erzählen. Heute ist es aber friedlich, eine Menge Leute sonnen sich im Gras liegend.

Rechtzeitig vor Abfahrt des Bootes sind wir wieder am Hafen bei Hermann und Hedi, die sich dort auf einer Bank etwas ausgeruht haben. Die Hafenrundfahrt dauert etwa eine Stunde. Das Boot ist nicht sehr groß, es schaukelt aber nicht sehr, da wir schönes Wetter haben. Bernhard und ich teilen uns ein Fenster und kommen uns ab und zu ins Gehege mit Foto und Filmkamera. Wir kommen an der Museumshalbinsel Bygdøy vorbei, die auch noch auf unserem Plan steht.

Nachdem wir wieder an der Anlegestelle sind, überlegen wir, ob wir zum Campingplatz zurückfahren sollen oder noch zur Holmenkollenschanze . Obwohl wir schon etwas geschafft sind, laufen wir zum Nationaltheater und steigen in die Holmenkollenbahn. Sie bringt uns in einer guten halben Stunde aus der Stadt heraus. Nach einem kurzen aber steilen Fußmarsch stehen wir an der Schanze, die sich über Oslo erhebt. Leider können wir nicht mehr ins Skimuseum, da es schon geschlossen ist. Deshalb nehmen wir uns vor, wenn möglich noch einmal hierher zu fahren. Mittlerweile ist es ziemlich spät geworden, wir fahren in die Stadt zurück und mit dem nächsten Bus zum Campingplatz. Noch ein kurzes Abendessen, etwas Unterhaltung - und ab geht's in die Falle.

 

Pfingstmontag, 19.05.97

Norbert und ich fahren heute mit Bernhard und Maria allein in die Stadt. Hermann und Hedi wollen es etwas langsamer angehen lassen und nur zur Museumshalbinsel fahren.

Wir vier machen uns erst noch einmal auf zur Holmenkollenschanze. Wieder ist es ein herrlicher Tag. Wir sehen uns zunächst das Skimuseum an. Hier ist die gesamte norwegische Skigeschichte zusammengetragen, es ist sehr interessant.

Dann fahren wir mit dem Aufzug in den Schanzenturm, und nachdem wir die letzten Meter über steile Treppen zu Fuß bewältigt haben, genießen wir den Lohn: eine herrliche Aussicht, der Blick ist traumhaft: die in der Sonne liegende Stadt, das glitzernde Meer und der viele Wald, der Oslo umgibt. Auf unserem Rundgang kommen wir auch an der Stelle vorbei, von wo sich im Winter die Skispringer nach unten stürzen. Beim Blick nach unten gruselt es uns, wir sind uns einig: ohne uns! Nach der anderen Seite erkennen wir tief unter uns sogar unseren Campingplatz. Nachdem wir uns sattgesehen haben, fahren wir wieder nach unten.

Vor dem Eingang zum Skimuseum hat man die Möglichkeit, in einem Simulator ein Skirennen zu erleben. Bernhard und Norbert können sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, mir wird schon von außen schlecht. Auf einem kurzen Spaziergang rund um das Schanzengelände sehen wir noch die Holmenkollenkapelle und das Denkmal von König Olav, dem Vater des heutigen Königs Harald, der als Skilangläufer mit seinem Hund verewigt ist, so wie ihn seine Norweger oft gesehen haben.

Dann fahren wir mit der Bahn in die Stadt zurück und gleich weiter mit dem Bus zur Museumshalbinsel. Nach einem kurzen Fußmarsch erreichen wir als erstes das Fram-Museum. Hier wollen wir die Fram besichtigen, das Schiff, mit dem sich Fridtjof Nansen drei Jahre lang im Eis einschließen ließ, um den Nordpol zu erreichen. Da ich vorher seinen Reisebericht gelesen habe, interessiert mich das am meisten von allen Museen. Als die Fram ihre letzte Fahrt hinter sich hatte, wurde sie an Land gezogen. Um sie herum wurde die Halle mit dem Dreieckdach gebaut.

Um die Fram herum gibt es Rundgänge in mehreren Etagen. Man kann das Schiff bis tief nach unten besichtigen, sieht, wie die Mannschaft gewohnt und geschlafen hat und alle Ausrüstungsgegenstände. Wenn man unter Deck ist, hört man in einer Tonbandwiedergabe, wie das Eis bricht, das die Fram eingeschlossen hat. Es klingt sehr unheimlich, man hat das Gefühl, als würden die Schiffswände gleich bersten. Wieder an Deck, probiere ich gleich noch, wie die Fram sich wohl steuert - indem ich mich hinter das riesige Steuerrad stelle und so tue, als ob. Natürlich hält Norbert diesem Moment mit dem Foto fest.

Anschließend sehen wir uns noch die Polarlandschaft an, die rund um die Fram aufgebaut ist. Man sieht die Tierwelt der Polarzone, z. B. Eisbären. Und was sitzt da in einer Wandnische? Zwei Papageientaucher! Die werden natürlich gleich fotografiert, wer weiß, ob wir dieses Jahr welche in natura sehen.

Nachdem wir das Museum verlassen haben, kaufen wir uns in einem Kiosk ein paar pølser mit Senf und Röstzwiebeln und machen am Oslofjord sitzend eine kleine Pause. Dann fahren wir mit dem Bus zum Norwegischen Volksmuseum. Das ist ein Freilichtmuseum, in dem eine Menge Gebäude aus verschiedenen norwegischen Gegenden gesammelt wurden, die man besichtigen kann. Wir haben Glück und kommen noch ohne Eintritt hinein, obwohl unsere Oslokarte streng genommen nicht mehr gilt. Aber es ist schon spät am Tag, und das Museum hat nicht mehr lange geöffnet, so daß die Kassiererin keinen Eintritt mehr verlangt.

Wir sehen uns bei einem Rundgang die alten Häuser an, viele mit Grasdach. Auch schöne Vorratsspeicher sind zu sehen. Wir beeilen uns, weil wir unbedingt noch die Stabkirche besichtigen wollen, die von dem Ort Gol nach hier gebracht worden ist.

Auf dem Weg durch das Museum kommen uns plötzlich zwei Personen unheimlich bekannt vor: Hermann und Hedi kommen uns direkt entgegen. Gemeinsam gehen wir zur Stabkirche und haben noch etwas Zeit, um sie von innen und außen zu besichtigen. Ein junger Mann in einer Tracht aus einem der norwegischen Täler ergänzt das Bild wunderbar. Nachdem er die Stabkirche abgeschlossen hat, gehen wir zum Ausgang. Zum Glück stehen dort ein paar Stühle, auf die wir müde sinken und auf den Bus warten. Die Tage in Oslo verlangten unseren Füßen einiges ab!

Auf dem Campingplatz angekommen, kocht Bernhard uns ein tolles Essen. Er wird ab sofort zu unserem Lieblingskoch ernannt. Nach dem Essen fahren Bernhard und ich mit dem Golf in die Stadt. Wir haben vom Bus aus eine Fiatwerkstatt gesehen und wollen sehen, welche Öffnungszeiten sie hat, damit das WOMO morgen früh dorthin gebracht werden kann.

Nachdem wir das erkundet haben, machen wir noch einen kleinen Abstecher Richtung Holmenkollenschanze. Es ist mittlerweile dunkler geworden, und ich möchte Oslo und den Fjord gern im Lichterglanz sehen. Dann kehren wir zum Campingplatz zurück. Da wir morgen früh aufstehen müssen (wann mußten wir das bisher nicht?), geht's in die Betten.

 

Dienstag, 20.05.97

Heute müssen wir noch früher als sonst aufstehen, da wir um 7.00 Uhr, wenn die Werkstatt öffnet, dort sein wollen. Bernhard fährt mit dem WOMO, wir mit dem Golf hinterher. In der Werkstatt angekommen erfahren wir, daß es gar keine Werkstatt ist, sondern nur ein Autohaus. Also kann dort keine Reparatur stattfinden.

Bernhard fragt, ob es eine andere Werkstatt gibt und blättert in den Gelben Seiten, die es auch in Norwegen gibt. Wir schreiben uns einige Adressen auf. Auf dem Rückweg zum Campingplatz kommen wir an einer kleinen Werkstatt vorbei. Es ist zwar keine Fiatwerkstatt, aber dort wird das WOMO repariert. Es war nur ein Stück der Benzinleitung auszutauschen.

Als wir wieder in der Hütte ankommen, gibt es Frühstück. Die anderen drei haben auch schon die Sachen zusammengeräumt, so daß wir gleich alles einpacken können.

Am späten Vormittag verlassen wir Oslo und fahren auf zunächst autobahnähnlicher Straße in Richtung Drammen. In Drammen fahren wir über die "Spirale", das ist eine Straße, die in den Berg hineingesprengt wurde. Die Aussicht von oben über Stadt und Fjord ist schön, allerdings sind die Bäume recht hoch und versperren sie zum Teil. Heute ist der Himmel bedeckt, es ist sehr windig und auch nicht so warm wie in den letzten Tagen.

Nach einer halben Stunde Aufenthalt fahren wir weiter und erreichen nach einiger Zeit die Stabkirche von Heddal. Es ist die größte Stabkirche in Norwegen. Wir halten kurz an und besichtigen sie von außen. Dann geht die Fahrt weiter.
Wir befinden uns nun in Telemark, hier gibt es viel Wald, und wir sind weit weg von Fjorden und dem Meer. Bald erreichen wir den Åmnesfoss, nach meiner Meinung kein Wasserfall, sondern eine Stromschnelle. Hier machen wir eine Stunde Mittagspause, Norbert und ich holen uns im Gasthaus eine Portion pommes frites, die wir im Freien und stehend verspeisen. Auf den Felsen ringsumher wachsen kleine Blumen, die gelb blühen. Die Bäume, meistens Birken, zeigen das erste frische Grün. Nach einiger Zeit erreichen wir Seljord. Hier gibt es direkt neben der Straße einen Wasserfall, der aber sehr künstlich wirkt. Es ist wohl mehr eine Staustufe. Da es momentan leicht regnet, halten wir uns hier nur kurz auf.

Weiter geht's in Richtung der Stabkirche von Eidsborg. Die Straße ist jetzt recht schmal und kurvig, der Wald reicht bis an den Straßenrand. Wir fahren mit dem Golf jetzt voran und erreichen die Stabkirche als erste. Wir sehen sie uns nur von außen an, da wir vor zwei Jahren schon einmal hier waren. Auf der anderen Seite des Kirchengeländes sind ein paar alte Hütten und Vorratsspeicher zu sehen, ein kleines Freilichtmuseum. Als das WOMO anrollt, bin ich total verfroren und nutze die Gelegenheit, mich darin aufzuwärmen, während Broscharts die Kirche besichtigen.

Dann rollen wir weiter, auf den Höhepunkt des heutigen Tages zu. Bernhard fährt wieder voran, nun biegt er auf eine kleine Schotterstraße ab. Da wir viel Staub zu schlucken haben, halten wir Abstand. Langsam tuckern wir auf dem Sträßchen dahin. Es windet sich in vielen Kurven nach oben. Wenn das WOMO nicht am Straßenrand stünde, hätten wir den Platz vielleicht glatt übersehen, das Schild ist wirklich nicht groß.

Wir steuern einen kleinen Pfad an, der in den Wald führt. Aber wir kommen nicht weit, alles voller Matsch. Aber weshalb haben wir die Gummistiefel im Auto? Also zurück und diese angezogen. Jetzt schreckt uns der Matsch nicht mehr, los geht's!

Nach kurzem Marsch müssen wir abrupt stehen bleiben. Direkt vor uns geht es etwa 300 Meter abwärts. Dazu hängt die Felskante gefährlich über! Vorsichtig nähere ich mich auf allen vieren und stütze mich an einem hochstehenden Felsen ab. Neben mir macht Hedi genau das gleiche. Dann halten wir den Atem an. Beim Blick nach unten wird einem ganz gruselig! Wahrscheinlich heißt das hier Rabenschlucht, weil die Raben die Unglücklichen fressen, die hier nicht so vorsichtig sind und deshalb abstürzen.


Wir laufen - in gebührendem Abstand - an der Felskante hin und her und besehen uns die Schlucht aus verschiedenen Blickwinkeln. Auch das Wetter spielt wieder mit: die Abendsonne überstrahlt alles mit herrlichem Licht, gerade richtig für Foto und Kamera. In den Bäumen hängen herrliche Flechten, sogenannte Bartflechten. Norbert und Bernhard überprüfen sogleich, ob ein solcher Bart sie besser aussehen läßt, lassen sich aber überzeugen, daß sie damit eher für Trolle gehalten werden.

Nachdem wir uns eine knappe Stunde hier aufgehalten haben, fahren wir weiter und erreichen gegen 20.00 Uhr den Campingplatz Hyllandfoss bei Åmot. Er liegt direkt an einem kleinen See. Auf diesem kleinen Platz gibt es keine Rezeption. An jeder Hütte steckt der Schlüssel, und wenn kein Schild dranhängt, daß sie besetzt ist, kann man sie einfach beziehen. Irgendwann kommt dann jemand zum Kassieren.

Natürlich besichtigen wir alle Hütten, bis wir uns für eine entscheiden, in der eine ganz neue Küche eingebaut ist. Bernhard nutzt die gleich, um ein tolles Abendessen zu kochen. Wir haben nämlich mittlerweile vereinbart, daß er nicht nur für Maria und Hermann kocht, sondern auch für Norbert und mich. Die Kosten werden dann geteilt. Hedi kocht im WOMO für sich selbst. Nach dem Essen trinken wir Wein, unterhalten uns und lachen viel.

Kurz vor Mitternacht suchen wir die Betten auf. Diesmal ist es ein kleiner Schlafraum mit zwei Etagenbetten, wir schlafen also zu viert in einem Raum. Schon in der ersten Nacht stellt sich heraus, daß Bernhard offensichtlich bemüht ist, alle norwegischen Bäume zu Kleinholz zu machen!


Mittwoch, 21.05.97

Heute haben wir alle etwas länger geschlafen und stehen erst um 8.30 Uhr auf. Auf dem Weg zum Sanitärgebäude stellen wir fest, daß es heute Nacht gefroren hat, auch jetzt ist es noch sehr kalt. Nach dem Frühstück machen wir noch einen kleinen Spaziergang zum Hyllandfoss, der sich unter der Straßenbrücke her nach unten stürzt. Dann fahren wir los, diesmal auf der anderen Seite des Tales.

Nach kurzer Fahrt halten wir an, um die steilen Hänge der Rabenschlucht diesmal aus der Ferne und von unten her zu besehen. Mit dem Fernglas können wir sie recht gut sehen. Dann geht's weiter nach Dalen, wo wir kurz einkaufen. Anschließend fahren wir weiter Richtung Setesdal.

Die Straße führt steil bergauf, wir kommen wieder in den Winter. Schnee liegt rechts und links der Straße, die Bäume sind noch ganz kahl. Plötzlich beginnt es leicht zu schneien, aber es dauert nicht lange. An einem schönen Platz halten wir an. Da es recht kühl ist, essen wir zu sechst im WOMO, Nach dem Essen macht Maria einen Spaziergang im Schnee - barfuß! Der nächste Halt wird am Wasserfall Gloppefoss eingelegt.

Kurz darauf erreichen wir das Setesdal. Weil ich an einem Punkt ein Foto machen will, halten wir an - und das WOMO vor uns ist verschwunden! Wir fahren weiter bis zu der Abzweigung der Straße, die wir eigentlich nehmen wollten, Richtung Lysebotn. Kein WOMO zu sehen. Da diese Straße sehr steil beginnt, vermuten wir, daß Bernhard schon einmal vorgefahren ist und davon ausgeht, daß wir ihn einholen. Also fahren wir los, aber wir finden Broscharts nicht. Dafür erreichen wir nach einigen Kilometern ein Schild, das die Weiterfahrt verbietet - Wintersperre! Wir fahren zurück, kaum haben wir wieder die Hauptstraße erreicht, kommt das WOMO uns entgegen! Sie haben auf einem Parkplatz neben der Straße gehalten, Maria war als Posten aufgestellt, hat auch gewunken, aber wir haben sie nicht gesehen.

Da unsere ursprünglich geplante Route noch gesperrt ist, müssen wir im Setesdal weiterfahren bis Evje und dann abbiegen Richtung Tonstad. Das bedeutet einen Umweg von etwa 250 Kilometern - aber was hilft es?

Neben der Straße her fließt der Fluß Otra und macht oft tolle Sprünge.
Jetzt kommt von rechts ein gewaltiger Wasserfall herab - der Reiårsfoss. Natürlich halten wir an, um Fotos zu machen und zu filmen.

Dann fahren Norbert und ich mit dem Golf wieder voran, wir verabreden uns am ersten Parkplatz nach der Abzweigung Richtung Tonstad. Da wir schneller sind als Broscharts und etwa 300 Meter hinter der Abzweigung der Mineralienpark liegt, nutzen wir die Gelegenheit, diesen von außen anzusehen.

Dann setzt sich Norbert ins Auto, um im Rückspiegel zu sehen, wann das WOMO kommt. Aber obwohl er guckt wie ein Luchs, nützt es nichts: während wir den Park angesehen haben, war Bernhard schon vorbei und wartet am Parkplatz. Plötzlich sieht Norbert, daß Maria oben an der Abzweigung steht und winkt. So treffen wir uns dann wieder.

Nach ein paar Metern der Weiterfahrt stoppt das WOMO wieder. Was ist nun los? Sie glauben, einen Elch gesehen zu haben. Aber obwohl wir zu sechst in die Gegend starren, sehen wir nichts. Also geht's weiter.

Da es schon wieder ziemlich spät am Tag ist, suchen wir eine Hütte zum Übernachten und finden sie in Krågeland. Diesmal ist es kein Campingplatz, sondern ein Hotel mit Hüttenvermietung. Es ist eine blaue Hütte direkt an einem See, diesmal mit Dusche und WC, aber wieder ein Schlafraum für vier. Nach einem guten Abendessen und einem kleinen Spaziergang zum Seeufer gehen wir schlafen. Es regnet...