Der Pilz des Monats Oktober 2002


Speisetäubling Speisetäubling

- Speisetäubling -
- Russula vesca Fr. -
- Norwegisch: Nøttekremle -
- Sehr guter Speisepilz -

 

Gattungszuordnung

Der Speisetäubling ist einzuordnen in die

- Klasse der Ständerpilze (Basidiomycetes)
- Ordnung der Sprödblätterpilzverwandten (Russulales)
- Familie der Täublings- und Milchlingsartigen (Russulaceae)
- Gattung der Täublinge (Russula)


Der Pilz des Monats in der Literatur

Titel Autor Seite
- Der große BLV-Pilzführer Ewald Gerhardt 4442
- Der große Kosmos-Pilzführer Hans E. Laux 404
- Sopp i Norden og Europa Bo Nylén / Per Marstad 538
- 1200 Pilze Rose Marie Dähnke 859
- Svampar / Pilze Rymann / Holmåsen 538

Weitere Literatur zur Bestimmung von Pilzen ist auf unserer Literaturseite aufgeführt.



Allgemeine Beschreibung

Bevor wir zur Artbeschreibung kommen, möchten wir hier die Familie Russulaceae und die beiden darin enthaltenen, eng miteinander verwandten Gattungen Russula, das sind die Täublinge und Lactarius, das sind die Milchlinge, gerne etwas näher vorstellen, denn darauf sind wir bei der Beschreibung des Pilz des Monats 07/2002 (Fichtenreizker, Lactarius deterrimus) nicht näher eingegangen.
Einige grundsätzliche Kenntnisse bezüglich der besonderen Merkmale gerade dieser Familie erleichtern jedoch dem Pilzsammler die Bestimmungsarbeit ganz wesentlich.
Deshalb ist es sinnvoll, hier an dieser Stelle und bei diesem Pilz des Monats einen kleinen Ausflug in die Bestimmungstheorie zu unternehmen.

Apfeltäubling

- Apfeltäubling (mit Moltebeeren) -
- Russula paludosa -
- Norwegisch: Storkremle -
- Speisepilz -

Mohrenkopfmilchling

- Mohrenkopfmilchling -
- Lactarius lignyotus -
- Norwegisch: Sotriske -
- Speisepilz -

Eine enge Verwandtschaft bedeutet immer, dass es Merkmale geben muss, die allen in einer Klasse, Ordnung, Familie, oder Gattung zusammengefassten Pilzarten, gemeinsam sind. Während die Gemeinsamkeiten bei der Klasse oder der Ordnung noch sehr gering sein können, werden es nach unten, zur Gattung hin immer mehr und immer markantere Merkmale, die alle Pilzarten innerhalb einer Familie oder einer Gattung gemeinsam haben.
Bei den Milchlingen und Täublingen gibt es ebenfalls eine solche "Familienzusammengehörigkeit", also nur ein dieser Familie eigenes Merkmal.
Im Wesentlichen besteht dieses darin, dass alle Pilzarten dieser Familie sehr brüchiges Fleisch in Hut, Stiel und Lamellen aufweisen, während alle anderen Großpilzarten mit Lamellen, mehr oder weniger deutlich, fasriges Fleisch haben, was man besonders gut sehen kann, wenn man den Stiel durchbricht. Dabei reißen bei fast allen Blätterpilzen (Pilze mit Lamellen = Blätter) sowohl Stielfleisch als auch Stielrinde längsfasrig auf, während die Stiele der Täublinge und Milchlinge mit einem deutlichen ploppenden Geräusch in jede gewünschte Richtung auseinander brechen..
Streicht man auch nur sanft über die Lamellen zersplittern diese sofort und die Bruchstücke fliegen in alle Himmelsrichtungen. Sieht man sich nun die Bruchstellen genauer (Lupe!) an, erkennt man, dass sie aussehen wie die Bruchkanten einer Styroporplatte. Wir haben es also mit einem typischen Styroporbruch zu tun.
Hat man ein Mikroskop zur Verfügung, kann man auch erkennen, warum das so ist. In unterschiedlich langen Abständen wurden beim Wachstum der Milchlinge und Täublinge zwischen die an sich längsfasrigen Hyphenzellen (die Zellen, aus denen die Pilze aufgebaut sind) richtige Nester von Kugelzellen angelegt, so genannte Sphärozysten. Diese Kugelzellen geben den Pilzen die styroporähnlich spröden Eigenschaften und bewirken den charakteristischen Bruch, der in der Pilzwelt einmalig ist und nur in der Familie Russula mit den beiden Gattungen, den Täublingen und den Milchlingen vorkommt. Wenn wir also anhand des Bruchtests festgestellt haben, dass es sich um einen Täubling oder einen Milchling handeln könnte, ist die Zuordnung zur jeweiligen Gattung verhältnismäßig leicht:

Grüngefelderter Täubling

- Grüngefelderter Täubling -
- Russula virescens -
- Norwegisch: Rutekremle -
- Speisepilz -

Grasgrüner Täubling

- Grasgrüner Täubling -
- Russula aeruginea -
- Norwegisch: Grønnkremle -
- Speisepilz -

Alle Täublinge haben keine Milchgefäße, bleiben also im Bruch trocken, während alle Milchlinge durch die im Pilzfleisch vorhandenen flüssigkeitsgefüllten Zellen, den so genannten Milchgefäßen, bei jeder Art von Verletzung sofort eine Flüssigkeit (in den Farben von weiß über gelblich bis weinrot und violett) absondern. Man spricht bei diesem hervorquellenden Pilzsaft von der Milch (= Milchlinge).

Rotbrauner Milchling

- Rotbrauner Milchling -
- Lactarius rufus -
- Norwegisch: Rødbrun pepperriske -
- Gilt in Norwegen als guter Speisepilz nach Vorbehandlung! -
- Gilt in Deutschland als kein Speisepilz -
- Vorkommen: Im Nadelwald besonders bei Ficht und Kiefer auf sauren Böden -

Des weiteren haben fast alle Täublinge weißes bis cremefarbenes Fleisch in Hut und Stiel, während ihre Hüte und hier insbesondere die oftmals ganz oder teilweise vom Hutfleisch abziehbare Huthaut, die bunte Vielfalt leuchtender Farben aus der Natur zeigen.
Die Milchlinge hingegen sind zumeist mit mehr stumpfen, blassen Farben zwischen beige, gelblich orangerot rotbraun bis braun bis hin nach wässrig-violett ausgestattet und die Huthaut lässt sich vom Hutfleisch nicht lösen. Lamellen, Stiel und Pilzfleisch sind oftmals wie der Hut gefärbt oder nur unwesentlich heller. Auch eine vollständige Durchfärbung kommt bei den Milchlingen gerne vor (vergleiche die Bilder des Pilz des Monats Juli 2002).

Milchlingszwitter

- Milchlingszwitter -
- ohne Artbestimmung -
- Kein Speisepilz -

Beschreibung der Art:

Hut 5/6-10 cm breit, erst halbkugelig später gewölbt bis ausgebreitet mit immer niedergedrückter Hutmitte. Huthaut trocken, matt, feucht schmierig, glänzend. Die Hutfarbe ist fleischfarben bis hellrosa mit ab und zu auftretenden ockergelblichen Entfärbungsflecken.
WICHTIG: Die Huthaut ist vom Pilzschneider schlecht abgemessen worden, weshalb sie vom Hutrand immer um 1-2 mm absteht, sodass das weiße Fleisch sichtbar ist.
Die Huthaut ist bis knapp zur Mitte des Hutes hin abziehbar. Die Lamellen sind angewachsen bis leicht herablaufend und sind zum Stiel hin oft gegabelt. Sie sind eng stehend und wenig splitternd. Die Lamellenfarbe ist weiß, jedoch werden die Lamellenschneiden sehr bald rostfleckig.
Der Stiel ist 4-7 / 3-8 cm hoch und 1-2,5 cm dick, zylindrisch, jedoch meist zur Basis hin deutlich zuspitzend, weiß mit Rostflecken ähnlich den Lamellen.
Das Fleisch ist weiß, verhältnismäßig fest und verfärbt sich mit FeSO4 (Eisensulfat) leuchtend rosa. Der Geruch ist angenehm bis kaum vorhanden und der Geschmack ist fein nuss- bis mandelartig. Das Sporenpulver ist weiß.


Vorkommen:

(Mai) Juni bis Oktober in Laub- und Nadelwäldern ganz Mitteleuropas, jedoch reine Kalkböden meidend. In Norwegen im Norden gerne in Gebirgsnadelwäldern, in Südnorwegen auch im Laubwald und in Parks.


Verwechslungen:

Ähnlich sind einige sehr scharf schmeckende rothütige Speitäublinge, wie z.B. der Buchen-Spei-Täubling, Russula mairei, Norwegisch: Rød bøkekremle, mit mehr leuchtend roter Hutfarbe, weicherem Fleisch und ohne die Rostflecken an den weißen Lamellen sowie dem weißen Stiel. Geruch schwach obstartig, niemals geruchlos.
Die am Hutrand 1-2 mm zurückstehende Huthaut ist eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale bei der Bestimmung des Speisetäublings.

Buchen-Spei-Täubling   Buchen-Spei-Täubling

- Buchen-Spei-Täubling -
- Russula mairei -
- Norwegisch: Rød bøkekremle -
- kein Speisepilz -

Verwertung:

Genau wie bei den Milchlingen gibt es auch bei den Täublingen eine in Norwegen so genannte "lettvintregel", also eine Faustregel.
Sie lautet: Alle Täublinge, die man als solche sicher erkannt hat und die mild schmecken, sind essbar; alle die bitter oder scharf schmecken sind ungenießbar.
Dies bedeutet, dass man die Täublinge entweder genau kennen muss oder sie bereits im Wald probiert, ob sie mild schmecken oder nicht.
Dass dieses Probieren schnell keinen Spaß mehr macht, wenn man erst einmal in den dritten oder vierten teuflisch scharfen Täubling gebissen hat und die Geschmacksknospen der Zunge darauf hin nur noch nach Löschwasser rufen, ist verständlich. Es ist deshalb umso wichtiger, sich die wirklich sehr guten Täublingsarten mit ihren Artmerkmalen genau einzuprägen, damit "Geschmacksproben im Wald" auf ein Minimum reduziert werden können. Im Rahmen unserer Reihe Pilze des Monats werden wir deshalb auch immer wieder auf einzelne besonders gute und empfehlenswerte Täublingsarten eingehen.
Damit man bei einer vielleicht doch einmal notwendig werdenden Geschmacksprobe aber nicht in Sand, Erde und sonstigen Schmutz beißen muss, hier noch unser TIPP: Probieren Sie nur kleine Stücke der Lamellen. Auf der Hutunterseite gewachsen sind sie zumeist gut gegen alle Arten von Schmutz geschützt. Wenn Sie wie ich lieber in das Pilzfleisch beißen möchten, ziehen sie vom Hutrand her die Huthaut so weit als möglich ab. Darunter kommt sauberstes Hutfleisch zum Vorschein, das eine hygjenisch einwandfreie Geschmacksprobe erlaubt.
ACHTUNG GANZ WICHTIG : Nur Täublinge probieren, die man ganz sicher als solche erkannt hat und auf jeden Fall die Geschmacksprobe unbedingt wieder ausspucken.
Alle rohen Pilze sind bis auf ganz wenige Ausnahmen (wie zum Beispiel dem Zuchtchampignon und dem Steinpilz) immer potentiell als giftig anzusehen und können, wenn nichts Schlimmeres passiert, zumindest grimmige Bauchschmerzen verursachen.
DESHALB, UNBEDINGT DIE GESCHMACKSPROBE WIEDER AUSSPUCKEN !!!
Eine ganze Gruppe von Täublingen, bei denen man in jedem Falle eine Geschmacksprobe vermeiden sollte, sind die Arten mit völlig weißen Lamellen, weißem Stiel, weißem Fleisch (und auch weißem Sporenpulver), verhältnismäßig zart gebauten Fruchtkörpern und knallroter, kirschroter bis blass weiß-roter Huthaut. Täublinge, die sich so präsentieren, gehören mit größter Wahrscheinlichkeit der Untergattung der Speitäublinge an, die ihren Namen (Spei- !!!) nicht zu unrecht tragen, wie der Autor aus eigener Erfahrung weiß.
Haben Sie dann aber einen Korb schöner Speisetäublinge gefunden, zeichnen sich diese, wie alle anderen essbaren Täublinge auch, durch den festen Biss aus. Der Pilz verkocht niemals, er bleibt immer "al`dente". Die essbaren Täublinge sind daher im Allgemeinen nach gründlichem Kochen und Abkühlen gut für Salate geeignet. Sie passen aber auch in jedes andere Pilzmischgericht. Der Speisetäubling und sein Verwandter der Frauentäubling (wird demnächst ebenfalls als Pilz des Monats beschrieben) eignet sich wegen seines fein-nussigen Geschmacks auch zur Zubereitung als Einzelgericht.

Kiefern-Reizker

- Speisetäubling -
- Russula vesca Fr. -
- Norwegisch: Nøttekremle -
- Sehr guter Speisepilz -

- Frauentäubling -
- Russula cyanoxantha -
- Norwegisch: Broketkremle -
- Sehr guter Speisepilz -

Frauentäubling

- Frauentäubling (grüner) -
- Russula cyanoxantha -
- Norwegisch: Broketkremle -
- Sehr guter Speisepilz -

Da die Täublinge vom jahreszeitlichen Erscheinungsbild her gerne bereits im Sommer (Juni - Oktober) erscheinen, bilden sie in der sonst eher pilzarmen Zeit eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan, leider aber auch auf dem der Pilzfliegen und ihren Maden. Daher bitte immer nur junge frische Pilze sammeln und bereits im Wald auf Madenbefall hin untersuchen.


Rezepte für die Zubereitung dieses Pilzes

Auf spezielle Rezepte für Täublingsgerichte haben wir bewusst verzichtet, da sich die Täublinge für jede Art der Zubereitung in Suppen, Soßen, Gemüse oder auch Salaten eignen. Wir dürfen daher hier auf unsere bereits bestehenden Rezepte zu den verschiedenen Pilzen des Monats verweisen und auch ein bisschen auf Ihre eigene Phantasie am Kochtopf vertrauen. Siehe Rezepte z.B. unter PdM 08 2005.


Besonderer Tipp für Nordlandreisende

Der Speisetäubling gilt auch in Norwegen als sehr guter und ergiebiger Speisepilz, der bis hinauf in das Nordland-Fylke in Gebirgsnadelwäldern (berglendt barskog) gefunden werden kann.