Der Pilz des November 2003



- Herbstlorchel -
- Helvella crispa Scop.:Fr. -
- norwegisch: Lys høstmorkel -
- guter Speisepilz -


- Grubenlorchel -
- Helvella lacunosa Afzel.: Fr. -
- Norwegisch: mørk høstmorkel -
- mäßiger Speisepilz -




Allgemeine Beschreibung:

Gattungszuordnung

Die Herbstlorchel und die Grubenlorchel sind einzuordnen in die

- Klasse der Schlauchpilze (Ascomycetes)
- Ordnung der Becherlingsverwandten (Pezizales)
- Familie der Lorchelartigen (Helvellaceae)
- Gattung der Lorcheln (Helvella)



Die Herbstlorchel (HL) und die Grubenlorchel (GL) in der Literatur

Titel Autor Seite
- Der große BLV-Pilzführer Ewald Gerhardt HL 628/3 - GL 630/1
- Der große Kosmos-Pilzführer Hans E. Laux HL 668/3 - GL 670/3
- Sopp i Norden og Europa Bo Nylén / Per Marstad HL 629/1 - GL 628/2
- 1200 Pilze Rose Marie Dähnke HL 1107 - GL1108/1109
- Svampar / Pilze Rymann / Holmåsen HL 621/1 - GL
(nur erwähnt)
- Pareys Buch der Pilze Marcel Bon HL 328/1 - GL 328/2

Weitere Literatur zur Bestimmung von Pilzen ist auf unserer Literaturseite aufgeführt.


Zunächst noch einige grundsätzliche Worte zu der Familie der Helvellaceae, also den Lorchelartigen, Norwegisch: Hatt- og Høstmorkler, der auch die hier beschriebenen Pilze des Monats November 2003 angehören.

Die Familie unterteilt sich in mindestens 3 bekannte Gattungen. Diese sind
a) die Gattung Gyromitra, Lorcheln, norw.:Hattmorkler
b) die Gattung Rhizina, Wurzellorcheln, norw. Rotmorkel, die Gattung hat nur 1 Art.
c) die Gattung Helvella, Lorcheln, norw.: Høstmorkler

Seitdem die äußerst delikat schmeckende und früher in keinem Feinschmecker-Restaurant fehlende Frühjahrs(gift)lorchel, Gyromitra esculenta (die Essbare), norw. Sandmorkel als tödlich giftig erkannt wurde, geistern in der Literatur zu allem was zu deutsch irgendwie "Lorchel" heißt, die wildesten Gerüchte bezüglich deren Genießbarkeit umher.
So gelten bei einigen Autoren, die ein extremes Sicherheitsbedürfnis haben, eigentlich alle Lorcheln aller drei hier oben genannten Gattungen als giftig oder zumindest als giftverdächtig und damit als zumindest ungenießbar, während in anderen Ländern der Speisewert der Lorcheln als dem der Morcheln ebenbürtig anerkannt ist und in diesen Ländern sogar das Angebot von Frühjahrs(gift)lorcheln in Sahnesauce noch immer nicht von der Speisekarte verschwunden ist, einem Pilz also, der nun wirklich und nachgewiesener Maßen giftig ist, wenn auch durch sorgfältige und äußerst gewissenhafte Zubereitung zumindest ein Großteil der Giftstoffe (aber nicht alle !!!) zu entfernen sind.
Die scheinbare Flüchtigkeit der Giftstoffe durch Erhitzen führt zumindest dazu, dass ohne Studium der Essgewohnheiten von Patienten unter Umständen keine direkten Zusammenhänge mit der akuten Erkrankung (z. B. Krebs ) und dem Pilz mehr erkennbar sind. Auch unsere norwegischen Freunde machen da keine Ausnahme und freuen sich jedes Frühjahr auf ihre "Sandmorkelsuppe".
Dieser Genuss ist mir persönlich jedoch deutlich dadurch vermiest, dass die Frühjahrs(gift)lorchel nicht nur flüchtige Gifte enthält, die durch Kochen zerstört oder freigesetzt werden, nein, es sind auch Zellinhaltsstoffe vorhanden, die wie so oft, im Verdacht stehen Krebs auszulösen und dieser Verdacht hat sich anscheinend in der letzten Zeit erhärtet.
Es ist also an der Zeit der Gattung Gyromitra, zumindest was den lukullischen Genuss angeht, lebe wohl zu sagen, zumal auch die Riesenlorchel, Gyromitra gigas, norw Blek Sandmorkel, nachgewiesener Maßen giftig ist.
Ob die bekannte Bischofsmütze, Gyromitra infula, norw. Bispelue essbar ist oder nicht, sollte alleine aufgrund ihrer Seltenheit - weshalb man sie schonen sollte - keine Rolle spielen; sie wird aber im allgemeinen als ungenießbar bezeichnet.
Bereits 1941 war die Giftigkeit der Lorcheln aus der Gattung Gyromitra bekannt und ich darf hier aus dem Buch Hannerl in der Pilzstadt, von Annelies Umlauf / Lamatsch, als Reprint 1995 in 6. Auflage im J&V Dachs Verlag GmbH Wien erschienen, zitieren:

"Wenn durch die Pilzwelt du sicher willst gehen so pflücke die Morcheln, die Lorcheln lass stehn! Man kann unterscheiden sie sicher und schnell: die eine fängt mit M an die andre mit L !"

Zitatende.

Ganz anders sieht es da mit den echten Lorcheln, aus der Gattung Helvella aus. Zugegebener Maßen sind die meisten Arten dieser Gattung dem Laien überhaupt nicht bekannt, aber mit der hochgerippten Becherlorchel (auch Pokalrippenbecherling genannt) ,Helvella acetabulum, norw. Pokalmorkel und den hier beschriebenen Arten der Herbstlorchel sowie der Grubenlorchel gibt es doch schon einigen bekanntere und auch häufiger zu findende Arten, von denen zumindest die drei nachstehend genannten Arten bei normaler Zubereitung bedenkenlos essbar sind.


Beschreibungen der Arten:

Herbstlorchel:
Fruchtkörper bis 15-18 cm hoch, Hut sattelförmig dabei unregelmäßig wellig verbogen, dreilappig, nicht mit dem Stiel verwachsen, Farbe des ganzen Fruchtkörpers weißlich bis hellgelblich bis beigebräunlich, glatt, Stiel 3-10 cm lang und bis zu 4 cm breit, auffallend längsgerippt/gefurcht mit Querwänden in unterschiedlich langen Abständen, die der Stabilisierung dienen; beim Anfassen ein knorpeliges Gefühl hinterlassend; innen hohl.
Hutfleisch brüchig, Stielfleisch oft etwas zäh. Geruch unauffällig neutral bis angenehm; alt jedoch durchdringend widerlich süßlich.

Grubenlorchel:
Fruchtkörper bis 10 cm hoch, Hut sattelförmig, wellig verbogen bis beulig, mit zwei bis drei auf der Oberseite grauschwarzen, auf der Unterseite eher rauchgrauen um den Stiel gewundenen Lappen, deren Ränder am Stiel angewachsen sein können.
Hut insgesamt deutlich größer, aufgeblasener als der Hut der Herbstlorchel.
Stiel schmutzig weißgrau bis graubraun, tief längsfurchig mit Querkammern, innen hohl. Hut brüchig, Stiel etwas zähfleischig, Geruch jung angenehm, fast würzig, dann jedoch bald angesengt wie nach verbranntem Gummi also unangenehm rischend.

Sporenpulver beider Arten weißlich.

Vorkommen:

Die beiden Arten erscheinen von (August) September bis November, sie leben saprophytisch auf Erde und bevorzugen laut Literatur ähnliche Standorte in Laub- und Mischwäldern, besonders gerne zwischen Gras und Kräutern an Wegrändern.
Der Autor findet die Grubenlorchel ziemlich regelmäßig jedes Jahr im Spätherbst in schlagreifen - also etwas älteren - Buchenwäldern und dort nur seltenst am Wegrand; die Herbstlorchel hingegen fast ausschließlich an Wegrändern und dabei ist es der Herbstlorchel anscheinend völlig fast egal durch welchen Wald der Weg führt.

Verwechslungen:

Verwechslungen gibt es hauptsächlich bei den beiden Arten unter einander und ihren von einzelnen Autoren als angeblich eigenständige Arten abgetrennten Varietäten und Farbvarianten. Eine solche Verwechslung ist jedoch unschädlich, da es innerhalb der Gattung Helvella zwar mehrere ungenießbare, aber keine giftigen Arten gibt.

Verwertung:

Die beiden Lorchelarten sind im Mischpilzgericht gut geeignet, sie eignen sich auch in einer Rahmsoße zu hellem Fleisch, wenn auch manche die Lorcheln nicht unbedingt als Einzelgericht lieben und empfehlen. Lorcheln sollten ähnlich wie die Morcheln gut durchgekocht werden bevor man sie serviert.

Hinweis:
Besonders magenempfindliche Personen oder Personen, die des öfteren unter allergischen Reaktionen bei Lebensmitteln leiden, sollten beim Genuss von Lorcheln vorsichtig sein oder diese sogar ganz meiden, um keine Unverträglichkeitsreaktionen hervorzurufen. An dieser Stelle möchte ich unbedingt nochmals auf die aussagekräftige Geruchsprobe hinweisen. Riechen die Pilze deutlich süßlich widerlich oder nach verbranntem Gummi wie ein heißgefahrener Reifen, dann können die Pilze noch so schön aussehen, sie sind bereits verdorben und in Fäulnis übergegangen. Wer solche Pilze noch isst riskiert eine Lebensmittelvergiftung durch verdorbenes Pilzeiweiß und da kann dann der Pilz wirklich nichts dafür ! Es handelt sich in diesem Falle um eine so genannte "unechte Pilzvergiftung", wie es sie immer wieder durch alle Arten von verdorbenen Pilzen gibt. Die unechte Pilzvergiftung, ist im übrigen die häufigste Pilzvergiftung, die wir in Deutschland haben.


Rezepte:

Zurzeit ist noch kein spezielles Rezept für diesen Pilz vorhanden.


Besonderer Tipp für Nordlandreisende:

Die Grubenlorchel ist in ganz Norwegen in kalkreichen Laub- und Nadelwäldern zu hause. Dahingegen wächst die Herbstlorchel in Norwegen nur in den im Süden des Landes liegenden kalkreichen Laubwäldern. Sie ist weniger bekannt und gilt nicht als häufig.