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Der Pilz des Monats Dezember 2001
- Der Zunderschwamm -
- Fomes Fomentarius (L.:Fr.)Fr. -
- Knuskkjuke -
- kein Speisepilz -
Gattungsbeschreibung laut Ewald Gerhardt:
Der Zunderschwamm ist einzuordnen in die
- Klasse der Ständerpilze (Basidiomycetes)
- Ordnung der Nichtblätterpilze (Aphyllophorales)
- Familie der Porlingsverwandten (Coriolaceae)
- Gattung der Porlinge (Fomes)
Der Zunderschwamm in der Literatur
Weitere Literatur zur Bestimmung von Pilzen ist auf unserer Literaturseite aufgeführt.
Allgemeine Beschreibung
Bei den Porlingen gibt es ebensolche Röhrenpolster wie wir sie schon bei den Röhrlingen kennen gelernt haben, aber sie sind fest mit dem Hutfleisch verbunden, niemals ohne Verletzung des Hutfleisches ablösbar und auch die einzelnen Röhren sind nicht voneinander trennbar. Bei manchen Porlingen sind die "Röhren" so kurz, dass man eigentlich nicht mehr von Röhren sprechen kann. In diesen speziellen Fällen hat man den Eindruck, dass die Poren in das Hutfleisch hineingestanzt sind, also gar keine eigene Wachstumsschicht bilden. Vom Aussehen her ist hier ein Vergleich mit den Poren der menschlichen Haut durchaus angebracht.
Die Porlinge führen ein Leben als Saprophyten oder als Parasiten und fast immer direkt an bzw. auf totem Stamm- oder Astholz, an Stuppen und Baumstümpfen, aber auch an noch lebenden Bäumen. Einige wenige unterteilen sich in Pilze mit Hut und Stiel, die meisten Pilze dieser Gattungen entwickeln jedoch mehr konsolenförmige bis dachziegelförmige Fruchtkörper, die einzeln oder in Gruppen oft auch miteinander verwachsen direkt dem befallenen Substrat aufsitzen.
Es gibt einjährige und mehrjährige Porlinge, Hart- und Weichporlinge und nur bei letzteren sowie bei den seltenen bodenbewohnenden Porlingen ergibt sich die Frage nach der Essbarkeit, da alle anderen Porlingsarten von vornherein durch ihre zumeist zähe oder holzige Konsistenz als Speisepilze nicht in Frage kommen.
Beschreibung der Art
Kurzcharakteristik
Der Zunderschwamm bildet gerne huf- bis konsolenförmige einzeln wachsende Fruchtkörper von bis zu 50 cm Breite aus, wobei befallene Stämme rundherum und von unten bis oben mit Fruchtkörpern übersät sein können.
Die Hutoberfläche ist grau, hellgrau bis schwach bräunlich. Die Zuwachszone des mehrjährigen Pilzes ist farblich klar abgegrenzt. Unter der dünnen, trockenen Kruste der Huthaut findet sich eine mehr oder weniger dicke Fleischschicht von wildlederartiger Struktur und ockergelbbrauner Farbe. Diese Schicht fühlt sich warm und weich, einfach angenehm an, während das Fleisch weiter im Innern des Fruchtkörpers eine rostbraune Farbe aufweist und von korkig, holziger Konsistenz ist.
Die Unterseite des Pilzhutes trägt die zimtfarbene Porenschicht, die etwas nach innen (konkav) eingebogen ist.
Schneidet man einen Zunderschwamm von oben nach unten in der Mitte durch, entdeckt man in der Pilzmitte einen sich vom übrigen Pilz abgrenzenden sogenannten Mycelialkern, also so etwas wie die Urzelle des Pilzes, aus der heraus sich der Fruchtkörper entwickelt hat. Diesen Mycelialkern, der im Innern hauchfein mit weißen Fäden durchzogen ist, findet man nur beim Zunderschwamm, was ihn zusammen mit dem wildlederähnlichen "Unterkleid" unverwechselbar macht.
Vorkommen:
Ganzjährig an geschwächten Stämmen von Laubbäumen, besonders Buchen und Birken. Leider ist er ein häufiger und auch aggressiver Parasit, der Weißfäule erzeugt.
Es wird nur das Lignin abgebaut, die Zellulose wird nicht angegriffen, dadurch entfärbt sich das Holz - es wird weiß - und behält eine Scheinstabilität, da die Zellwände nicht angegriffen werden. Irgendwann können die Zellwände allein ohne die Zellinhaltsstoffe den schweren Baum nicht mehr aufrecht halten und beim nächsten, nicht allzu schweren Sturm, fällt der Baum um. Erneut ist ein Riese über einen vermeintlichen Winzling - den Zunderschwamm - gestürzt.
Verwechslung
Verwechslungen sind unter Beachtung der oben genannten Merkmale nicht möglich. Im ersten Moment, besonders wenn man den Pilz nicht anschneidet, kann der Gemeine Feuerschwamm, auch "Falscher Zunderschwamm" genannt, Phellinus ignarius, Norwegisch: Ildkjuke, eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Echten Zunderschwamm aufweisen.
Im Gegensatz zu den verschiedenen Möglichkeiten der Verwertung, die man mit dem Echten Zunderschwamm hat und hatte, war der Fruchtkörper des Gemeinen Feuerschwamms/Falschen Zunderschwamms nur als Brennmaterial tauglich, was aus sowohl dem deutschen als auch dem norwegischen Volksnamen (Ild = Feuer) also, Ildkjuke = Feuerschwamm erkennbar ist.
Verwertung:
Der Echte Zunderschwamm ist und war zu keiner Zeit ein Speisepilz. Dass wir ihn hier als Pilz des Monats präsentieren, soll jedoch aufzeigen, dass nicht nur der Kochtopf die Antriebsfeder unseres Pilzinteresses ist.
Gerade der Echte Zunderschwamm hat für uns "Neuzeitmenschen" eine große historische Bedeutung, er zeugt von menschlichem Erfindungsgeist und war Jahrtausende lang ein lebenswichtiger Begleiter für den Menschen in seiner damals noch weit mehr als heute feindlichen Umwelt.
Er wurde hoch geschätzt und bis zur Erfindung des Streichholzes war der Echte Zunderschwamm ein wichtiges Wirtschaftsgut. So exportierte Norwegen im 17. und 18. Jahrhundert Echte Zunderschwämme, die an Birken zahlreich wuchsen, nach ganz Europa und auch nach Übersee, wo es überall eine blühende Zunderschwamm-Industrie gab.
Der Pilz wurde zunächst für eine längere Zeit - in ganz alten Zeiten in Urin und später in Salpeterlösung - eingeweicht, bis er weich genug war, um weiterverarbeitet zu werden. In einem weiteren Arbeitsgang wurde er dann sozusagen windelweich geklopft, wobei aus den ehemals unförmigen Fruchtkörpern langsam dünne wildlederartige Häute entstanden. Diese wurden getrocknet und geformt, dann gingen die guten Stücke ohne Löcher, Risse oder sonstige Verletzungen in die Zunderschwamm-Bekleidungsindustrie, die es in einigen Ländern Europas traditionell gab und heute noch gibt, wo Jacken, Hosen aber auch Hüte und Taschen aus dem Pilzmaterial hergestellt wurden.
In der hohen Tatra, dem wilden unwegbaren Gebirge Rumäniens, beherrscht man heute noch die Kunst aus dem Zunderschwamm Kleidungsstücke herzustellen, wenngleich es dafür heute keine Notwendigkeit mehr gibt und die Hüte, Taschen und Jacken nur noch an die Touristen verkauft werden.
Das Gros des damals nach dem Trockenvorgang gewonnenen, weichen Pilzmaterials wurde allerdings zu Pulver zermahlen. Dies ergab dann den für die Feuererzeugung so wichtigen, weil so lange glimmenden Zunder.
Mit Schwefelkies (Pyrit) und Flint (Feuerstein) die gegeneinander geschlagen wurden und in späteren Jahrhunderten dann mit dem sogenannten Feuerstahl, erzeugte man Funken, welche mit dem Zunder aufgefangen wurden. Dieser glühte dann längere Zeit weiter und darauf legte man vorsichtig vorbereitete, kleinste Holzfasern, Rindenstückchen, Stroh usw., bis durch noch behutsameres Blasen eine Flamme erzeugt wurde, aus der ein Lagerfeuer oder auch das Feuer im Herd entstand.
Leider hatte auch hier der Mensch rasch gelernt, in Verbindung mit dem Schießpulver, diese so segensreiche Erfindung ins Gegenteil umzukehren, denn auch bei der Erfindung der ersten Vorderlader-Gewehre spielte der Zunder auf der Pfanne, an der die Lunte entzündet wurde, eine wesentliche Rolle.
Darüber hinaus ergab der Pilz, wenn er in Salpeter getränkt und dann getrocknet wurde den berühmten Zunder, der in Apotheken auch unter dem Namen "Fungus chirurgorum" als blutstillendes Mittel verkauft wurde.
Besonderer Tipp für Nordlandreisende:
Der Pilz ist überall im gesamten Norden verbreitet, wenn auch weniger an Buche, dafür aber an Fichte, die im Norden die Buche als Wirt ablöst.
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