Der Pilz des Monats Juli 2002


Fichten-Blutreizker Fichten-Blutreizker

- Fichten-Blutreizker -
- Lactarius deterrimus Gröger -
- Norwegisch: Granmatriske -
- Guter Speisepilz -

 

Gattungszuordnung

Der Fichten-Blutreizker ist einzuordnen in die

- Klasse der Ständerpilze (Basidiomycetes)
- Ordnung der Sprödblätterpilzverwandten (Russulales)
- Familie der Täublings- und Milchlingsartigen (Russulaceae)
- Gattung der Milchlinge (Lactarius)


Der Pilz des Monats in der Literatur

Titel Autor Seite
- Der große BLV-Pilzführer Ewald Gerhardt 410
- Der große Kosmos-Pilzführer Hans E. Laux 434
- Sopp i Norden og Europa Bo Nylén / Per Marstad 580
- 1200 Pilze Rose Marie Dähnke 954
- Svampar / Pilze Rymann / Holmåsen 563

Weitere Literatur zur Bestimmung von Pilzen ist auf unserer Literaturseite aufgeführt.



Allgemeine Beschreibung

Bevor wir zu der Beschreibung des Fichtenreizkers oder auch Fichten-Blutreizkers kommen sollte hier angemerkt werden, dass die Reizker zu der großen Gruppe der Milchlinge / Lactarius / Norwegisch: Risker gehören. Im Deutschen heißt eine große Gattung von Pilzen Milchlinge, weil alle dieser Gruppe angehörigen Pilzarten als gemeinsames Merkmal einen milchähnlichen Saft aufweisen, der sofort aus dem Pilzfleisch austritt, sobald der Pilz angeschnitten, abgebrochen oder sonst wie verletzt wird.
Innerhalb der Gattung der Milchlinge unterscheiden wir zwei wichtige Untergruppen und zwar nach der Farbe des bei Verletzung des Pilzfleisches austretenden Milchsaftes.
Pilze der Gruppe mit weißer, gelblicher, violetter oder wässriger, fast klarer Milch werden weiterhin Milchlinge genannt, während die Pilze der Gruppe, welche bei Verletzung orangerote, karottenrote oder weinrote Milch ausscheiden, Reizker genannt werden.
Beispielhaft sei hier für die Milchlinge, der Rotbraune Milchling aufgeführt, der wegen seiner weißen Milch und ohne umfangreiche Vorbehandlung nicht essbar ist.

Rotbrauner Milchling Rotbrauner Milchling

- Rotbrauner Milchling -
- Lactarius rufus -
- Norwegisch: Rødbrun Pepperriske -
- Kein Speisepilz -

Diese verschiedenen Volksnamen innerhalb der Gattung der Milchlinge / Lactarius, sind begründet durch eine einfache Regel für den Speisepilzsammler, die wie folgt lautet: Alle Milchlinge mit irgendwie orangegelber, orangeroter bis weinroter Milch sind essbar. Und da der häufigste dieser "Milchlinge", der Fichten-Blutreizker, beim Verzehr etwas bitterlich schmeckt und dabei auch gerne - zumindest bei ungenügender Erhitzung - etwas im Hals kratzt, wurde aus diesem "Reiz" ein "Reizker" und somit ein wichtiges namentliches Unterscheidungsmerkmal zu all den vielen anderen Milchlingen ohne orange bis rote Milch.

Fichten-Blutreizker




- nach frischem Anschnitt -
Fichten-Blutreizker

- Anschnitt nach ca. 15 - 25 Minuten -


- Fichten-Blutreizker -
- Lactarius deterrimus Gröger -
- Norwegisch: Granmatriske -
- Guter Speisepilz -

Dieser Milchsaft bewirkt auch, dass sich nach dem Genuss von Reizkern der Urin orangerot verfärbt. Dies ist jedoch ebenso wenig gesundheitsschädlich wie der Uringeruch nach einer Spargelmahlzeit.


Beschreibung der Art:

Hut 3 - 10 (12) cm breit; jung lange mit eingerolltem Rand, später mit scharfer Hutkante, anfangs eher gewölbt, später leicht trichterförmig vertieft. Oberfläche glatt kahl, feucht schmierig, orangerot bis lachsfarben mit im Alter (oft auch schon im Jugendstadium) starken Grünanteilen, oftmals so fein konzentrisch gezont, dass man die Zonierung kaum erkennt. Lamellen orangegelblich, angewachsen bis leicht herablaufend, dicht stehend, brüchig untermischt bis gegabelt; bei Verletzung quillt orange-, karottenrote Milch hervor.
Stiel wie Hut gefärbt, 3-6 cm lang, glatt ohne irgendwelche Grübchen; innen etwas gekammert doch bald hohl. Beim Durchschnitt außen orangerot, nach innen zu heller fast weiß werdend.
Fleisch brüchig, niemals faserig, karottenrot, Geruch obst- - und gewürzartig. Die Milch verfärbt nach ca. 10 - 30 Minuten nach dunkelweinrot; ihr Geschmack ist zunächst mild, dann etwas pelzig, zusammenziehend auf der Zunge.


Vorkommen:

Juli bis November in ganz Europa unter Fichten (Picea abies) auf allen Böden und überall häufig; besonders gerne jedoch auf feuchten nährstoffreichen Böden, wie sie in Skandinavien häufig vorkommen.


Verwechslungen:

Verwechslungen kommen bei dem beschriebenen Pilz gerade bei Laien häufig vor, was aber dann nichts ausmacht, wenn man die oben beschriebenen Grundregeln beachtet und sich damit sicher ist, einen der 4 Reizkerarten, die es gibt, gefunden zu haben. Um jedoch jeden Zweifel ausschließen zu können, werden nachfolgend die wichtigsten Merkmale der einzelnen Reizkerarten beschrieben:

- Edel-Reizker, Echter Reizker, Lactarius deliciosus, Norwegisch: Furumatriske

Größe 4 - 10 cm, Hut mit fleisch-, orangerötlichen Farben ohne Grüntöne und mit ringförmigen, konzentrischen Zonen aus dunkelorangerötlichen Flecken, Mitte flach vertieft.
Stiel in Hutfarbe mit grubigen, dunklen orangerötlichen Flecken.
Lamellen heller, eher orange-gelblich.
Fleisch fest, rundzellig und deshalb ohne auffällige Längsfaserung im Bruch.
Milch karottenrot und lange so bleibend.
Geschmack mild.
Vorkommen August bis Oktober unter Kiefern auf Sand besonders auf Kalk, sehr guter Speisepilz, der beste aus der ganzen Gruppe der Reizker.

Edel-Reizker   Edel-Reizker

Edel-Reizker

- Edel-Reizker, Echter Reizker -
- Lactarius deliciosus -
- Norwegisch: Furumatriske -
- Sehr guter Speisepilz -

- Kiefern-Reizker, Lactarius semisanguifluus, Norwegisch: Furumatriske

Pilzbeschreibung wie beim echten Reizker, aber mit vielen Grün- und Blautönen in Hut und auch am Stiel.
Lamellen fleischrötlich-orange, bald grünspanartig verfärbt.
Milch rotorange, schnell weinrot werdend und bis zum nächsten Tage sogar in Grün übergehend. Die deutliche Verfärbung des Milchsaftes und die blau-grünen Farbtöne unterscheiden den Kiefern-Reizker gut von seinen übrigen Artgenossen, die hier ebenfalls vorgestellt werden.
Vorkommen September bis Oktober, strenger Begleiter von Kiefern auf Kalk. Geschmacklich dem Echten Reizker gleichkommend, aber wesentlich seltener und deshalb schützenswert (Deutschland: Rote Liste 3 = im Bestand gefährdet).
Die norwegischen Volksnamen unterscheiden nicht zwischen dem Edel Reizker und dem Kiefern-Reizker.

Kiefern-Reizker   Kiefern-Reizker

- Kiefern-Reizker -
- Lactarius semisanguifluus -
- Norwegisch: Furumatriske -
- Sehr guter Speisepilz -

- Lachs-Reizker, Lactarius salmonicolor, Norwegisch: Granmatriske

Hut 4-10 cm, hellorange bis lachsfarben, mit mehr dunkelgelben, konzentrischen Zonen, auch im Alter ohne jegliche Spur von Grüntönen.
Lamellen ockerorange.
Stiel wie der Hut gefärbt, mit dunkleren Grübchen, bald innen hohl.
Milch orange dann mennigerot.
Fleisch wenig fest im Schnitt, bald weinrot zumindest in den Lamellen.
Geschmack leicht bitterlich.
Vorkommen August bis Oktober bei Tannen (Edelgran) und Douglasien auf Kalk. Lokal mag der Pilz häufig sein, in der Roten Liste Deutschlands steht er wie der Kiefern-Reizker mit "3" bewertet, also "Bestand gefährdet".
Die norwegischen Volksnamen unterscheiden nicht zwischen dem Fichten-Blutreizker und dem Lachs-Reizker, da Edeltannen dort praktisch unbekannt sind und auch der Pilz dort bislang nicht gefunden wurde.

Lachs-Reizker   Lachs-Reizker

Lachs-Reizker

- Lachs-Reizker -
- Lactarius salmonicolor -
- Norwegisch: Granmatriske -
- Guter Speisepilz -

Verwertung:

Alle vier Reizkerarten eignen sich besonders gut zum scharfen anbraten der ganzen Hüte bevor man diese dann nur leicht gesalzen und gepfeffert auf ein Butterbrot legt.
Die Reizker sind sehr gut als etwas herbe Gemüsebeilage zu Wild zu empfehlen. Sie lassen sich auch gut in der Mischpilzpfanne verwenden, sind aber auch als Einzelgericht, besonders in Verbindung mit Hackfleisch kombinierbar und finden in Suppen und Soßen Anwendung. Einfrieren ist kein Problem, während das Trocknen wohl eher nicht als allzu ratsam erscheint.
Der typische etwas herbe Reizkergeschmack ist sehr gut in der "Pilz-Streuwürze" verwertbar.


Rezepte für die Zubereitung dieses Pilzes

- Rindfleischsuppe mit Reizkerklösschen
- Frikadellen aus Reizkern und gemischtem Hackfleisch
- Reizkergemüse als Beilage zu Wild
- Gebratene Reizkerhüte
- Pilzstreugewürz


Besonderer Tipp für Nordlandreisende

Alle 4 Arten zusammen gelten in Norwegen unter dem Sammelbegriff "Matriske" und in Deutschland unter dem Begriff "Rotmilchende Reizker" als eine sichere Art. Leider sind alle Reizker gerne vermadet und es bedarf einer gründlichen Untersuchung des Fundgutes bevor man den Pilz in den Korb legt, sonst könnte es zu Hause beim Putzen zu einer herben Enttäuschung kommen.

Siehe hierzu auch unsere Rubrik: "Die sechs sicheren Pilzarten"